Worte in Gedanken 

 

Ein waschechter Schweizer

Eine Traktorengeschichte lebt weiter in italienischen Händen

1929 begann Hans Hürlimann mit dem Bau von Traktoren. Im st. gallischen Wil baute er im Verlaufe der Jahrzehnte das größte Traktorenwerk der Schweiz. Allerdings ging 1983 das Werk vollständig an den italienischen Traktorenhersteller SAME über. Schade! - die eidgenössische Landtechnik verlor einen waschechten Schweizer Traktor. Heute werden die Hürlimann - Traktoren zusammen mit Same und Lamborghini in Italien gefertigt. 

Der ehrgeizige Bauernsohn Hans Hürlimann wuchs am Rande der Gemeinde Kirchberg(Rütihof, bei der Engi) auf, und entwickelte sich in bescheidenen Jahren, zum erfolgreichen Wiler Traktorenbauer. Als technisch interessierter Schulabgänger trat er eine dreijährige Lehre als Maschinen- und Werkzeugschlosser an. Auslandaufenthalte, Reisen, Erfahrungen und das technische Flair brachten Hans Hürlimann auf den Gedanken: ein Gefährt mit einzylindrigem Benzinmotor zu bauen. Aus dem Notstand der Landwirte wurde eine Sitte, im Jahre 1929 begann Hürlimann mit zwei Traktoren, daraus entstand die Stückzahl 170, die innert Jahresfrist das Werk verließen. Vorerst diente das Sticklokal als mechanische Fertigungstätte. Doch die immer größer werdende Nachfrage der Hürlimann - Traktoren verlangte eine praktikablere Lösung. 

Wil wir kommen! 

Hans Hürlimanns Lebenswerk steht noch heute, die einst größte Traktorenfabrik der Schweiz. Im St. gallischen Wil errichtete er neben der SBB-Bahnlinie, seine eigene Produktionsstätte im Jahre 1939. Zahlreiche Erfolge, Niederschläge und gar den Niedergang erlebte die weissgetüchte, moderne Fabrikarchitektur. Gegenwärtig entstehen keine Traktoren mehr, sondern Lastwagen und Elektromobile erhalten ihren letzten Glanz, an diesem Standort. Die Nutzfahrzeugfirma Larag AG nutzt den angesprochenen Gebäudekomplex seit Anfang der neunziger Jahre. 

Landtechnik in der Schweiz zu produzieren ist schwieriger den je, die hohen Löhne der Arbeiter und der allgemeine Rückgang der Produktionsaufträge, verunmöglichen es nahezu Schweizer Produkte anzubieten. Schade! - ein werter Nachbar aus Wil, die Landmaschinenfabrik AGRAR, fast jeder kennt sie, mit ihren robusten AGRAR-Ladewagen, auch ihre Blütezeit ist für immer vorbei. Obwohl ein Teil der Produktion aufrecht erhalten wird, besteht sie nun mehr als Handelsfirma, ähnlich wie Hürlimann(S.L.H.). Schwere Zeiten haben beide Wiler Produzenten durchlaufen, ihre Erfolge stehen in der Geschichte, der fürstenländischen Äbtestadt. 

"Wenn Sie mehr verlangen" 

Ein wahrer Slogan der Hürlimann - Traktoren aus den achtziger Jahren. Der Firmengründer Hans Hürlimann arbeitete mit Fleiß um jeden Preis, an seinem persönlichen Projekt; und unzählige, eigenfabrizierte Traktoren fuhren vom Band, in verschiedenen Typen und Varianten. Aus den 50ern und 60ern, ein waschechter Schweizer, war zum Beispiel der Hürlimann D 100 (Diesel), er wurde als Rolls Royce der Traktoren bezeichnet. In diesem Zusammenhang keimte eine Belebung des Exports. Per Bahn rollten die glanzvollen "Hürlimannen"(Traktoren) an ihren Zielort. Natürlich gab es auch Bauern, die den bestellten Schlepper direkt im Werk Wil /SG abholten; andernfalls brachte ihn ein Fabrikarbeiter an den Bestimmungsort. Viele Landwirte oder Landmaschinenfreunde schwärmen noch heute, von ihrem alten, gepflegten Schweizer Traktor. 

Das EMD(Schweizer Armee) nutzte ebenso die treuen Dienste des eisernen Pferdes, aus Hürlimanns Händen. Wer kennt ihn nicht! - den Zirkus Knie, unser Schweizer Nationalzirkus hält seine akrobatischen, roten Elefanten mit Dieselruss im Gebrauch. Enorm in Form zeigt sich die Schweizer Traktorenflotte. 

Bis zu seinem Tode stand Hans Hürlimann in unermüdlichem Einsatz. Seine Söhne traten dann das erfolgverwöhnte Erbe an. Die siebziger Jahre waren allerdings kein Honiglecken, diverse Probleme traten auf, die Produktion erlitt einen starken Rückgang und für die lebensnotwendigen Neuentwicklungen fehlte das nötige Firmenkapital.

Von Grün auf Rot 

Die Technik des Schweizer Gussmunis(Schlepper) hinkte plötzlich hinten nach. Ausländische Anbieter machen Hürlimann das Leben schwer. Vergessen darf man sie trotzdem nicht, zahlreichen Bemühungen um die Käufersgunst. "Alles hat nichts gebracht!" 1977 bestand die letzte Hoffnung im Zusammenschluß mit der SAME - Gruppe. 

Der allradgetriebene Hürlimann Traktor trug fortan eine "SAME, Lamborghini" - Vorderachse. Kommende Generationen leben mit dem Design der Nordprovinzler , wie schon in den achtziger Jahren kommt es wieder zum Aufwind, das italienische Temperament. Was heute Deutz (die KHD) am eigenen Leibe erfährt, mit der Schließung der Traktorenfabrikation in Köln, hatte lange zuvor Hürlimann im eigenständigen Firmenimperium erfahren. Traktorenbestandteile wurden vorgefertigt, aus Italien vom SAME - Werk Treviglio /BG in die Schweiz eingeführt. Die neuen Hürlimann - Traktoren erhielten im Werk Wil /SG nur noch die Endmontage. Aus dem Schweizer Gütezeichen der Armbrust, formte sich die Übermacht des italienischen SAME - Konzerns. Unumgänglich entschied der Verkauf vom Fabrikgelände, über das abrupte Ende der Schweizer Traktoren von Hans Hürlimann. 

Wie ein Phönix aus der Asche leben Hürlimann - Traktoren weiter, obschon die neue Traktorentechnologie von SAME stammt. Wie vom Stier gepackt steht er da der weiße Lamborghini, sein ganzes Leben, ein SAME - Leben. In die S+L+H - Gruppe ist seit einiger Zeit auch Deutz mit eingeflossen, als ehemals bedeutungsvollster Treckerproduzent Deutschlands, neben dem bayrischen Fendt. Unter SAME - Herrschaft entstehen heute neue Deutz - Schlepper (zur Zeit) im Werk Lauingen, in der süddeutschen Heimat, der weissblauen Fahne. Jedoch laufen ebenfalls Produktionslinien im SAME - Stützpunkt Italien. 

"Aus der Traum, von eigenständiger Landmaschinenfabrikation?"

© 12. Febr. 97 / Text von Alex Brändle         - Alle Angaben ohne Gewähr für Richtigkeit! 
   

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